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Leonce und Lena
 
Autor:Georg Büchner
 
Prinz Leonce vom Reiche Popo soll die - ihm unbekannte - Prinzessin Lena vom Reiche Pipi ehelichen. Nachdem er sich von seiner Geliebten Rosetta verabschiedet hat, beschließt Leonce, mit Valerio nach Italien zu fliehen. Auch Lena will sich der Hochzeit entziehen. Beide begegnen sich, ohne um die Identität des anderen zu wissen, und verlieben sich ineinander. König Peter will die Hochzeitsfeier abhalten und erführt, dass Braut und Bräutigam verschwunden sind. Da tauchen beide, zunächst maskiert, auf, und die Heirat kann doch stattfinden. Peter tritt die Regierung an Leonce ab, Valerio wird zum Staatsminister ernannt.
 


 
Konzept
 
Regisseur: Jürgen D. Schirrmacher
 
Leonce & Lena, schon lange war das mein Wunsch. Diese merkwürdige Geschichte, in denen Automaten, Puppen, und Schatten das sozial fatale und entwürdigend komische im menschlichen Dasein beschwören. Entschieden habe ich mich für die Geschichte eines Prinzen und einer Prinzessin. Er sucht sie, sie sucht ihn, ob sie sich finden - ma waas es net - denn - sie sind ja noch nicht gestorben. Wir finden sie mitten im Reigentanz, mal bei Erdnuss und Salzstange vor der Glotze mal in den fürstlichen Gemächern, in denen die Tränen der Untertanen zu Diamanten werden, aus denen man sich ein Halsband machen kann. Alles zieht vorüber wie ein Schattenspiel: "die Erde hat sich ängstlich zusammengeschmiegt wie ein Kind und über ihre Wiege schreiten die Gespenster." Der Prinz und die Prinzessin, sie wissen wenig voneinander: Einsamkeit und Fremde der Nähe selbst im Augenblick der physischen Berührung. BÜCHNER hat hier ein scheinbar unrevolutionäres Stück geschrieben, niemand wird angegriffen alle sind eigentlich ganz goldig: der alte König - der Staatsrat (einfach süß) alles knuddelt irgendwie im ewigen Schlagabtausch aneinander rum. Wäre da nicht von der Gedankensblässe angekränkelt der Prinz sich ausbadend in der Melancholie - jener Traurigkeit die das Genie begleitet - der sich Voll lallt aber wer will ihn schelten, stößt er doch zu der grandiosen Erkenntnis vor: in einer Stunde verrichtet der Geist mehr taten des Gedankens als der träge Organismus unseres Leibes in Jahren nachzutun vermag. Ob der Gedanke tat wird - Zufall? Der Brei, den Leonce gerade so schön am köcheln hat - steht ab - (wird kalt) weil der Prinz halt eine unendlich lange zeit braucht, um einen Löffel zu finden mit dem er ihn isst. Einen ganz klaren schönen Gedanken habe ich da bei BÜCHNER gefunden: erinnern und erwarten zerstören das jetzt! Aber das ist bei BÜCHNER nicht der Weisheit letzter Schluss: dem überdrüssigen Müßiggänger begegnet die Urmutter (da es ein Märchen ist natürlich in der Gestalt einer Prinzessin) und hält ihm entgegen: "Den Frühling auf den Wangen und den Winter im Herzen! Das ist traurig! Der müde Leib findet sein Schlafkissen überall doch wenn der Geist müd ist wo soll er ruhen?" und weiter: "Es kommt mir ein entsetzlicher Gedanke, ich glaube es gibt Menschen, die unglücklich sind, unheilbar, bloß weil sie sind." Lena, die Prinzessin, ist kämpferischer, erdiger. Sie will nicht nur Blüte sein, abgesaugt von einem dekadenten Prinzen den die Lobby für sie ausgesucht hat: "morgen ist aller duft und Glanz von mir gestreift und dann?" Sie will nicht sein wie die arme hilflose Quelle und sie ist es auch nicht. Ihre Füße sind nicht zu müd. Für ihre Lippen ist kein hauch zu schwer denn - die Welt ist schön und weit - oh so unendlich weit - ich möchte immer so weitergehen Tag und Nacht". Frühzeitig, eigentlich unter seinesgleichen selten, hat hier BÜCHNER an die kraft der Frau geglaubt. Er hat sie als positives Urwesen dargestellt: schwerlich glaubhaft für Männer. So weiß denn unser Prinz am Ende immer noch nicht, dass es die Prinzessin war mit der er "gespielt" hat - verwirrt steht er da. Alle Untertanen werden aufgefordert die Gemütsregung ihrer Majestät zu teilen. Wie weit war dieser 24jährige Poet BÜCHNER seiner - unserer - zeit voraus!
 
Im finden von Darstellungsmöglichkeiten reichte nichts so richtig aus diesem genialen Werk wenigstens einem Teil seiner Aussage zu entreißen, ER war mir immer einen Schritt voraus - halt ein Genie, ich durfte mich als Arbeiter betätigen und habe versucht, "die Walzen und Windschläuche" richtig zu verlegen, da kann ich jetzt nur hoffen, dass am 26.12.85 um 20 Uhr nicht auf dem Speicher das Wasser läuft.
 
 


 
Mitwirkende
 
  Regisseur:
Jürgen D. Schirrmacher
 
Kafkus
 
  Amie Kölmel
 
Thomas Paulus
 
Beratung und MitarbeitAmie Kölmel

 

 


 
Presse
 
Allgemeine Zeitung Mainz:
 
Die Inszenierung erschließt sich neue Darstellungsebenen, macht in Experimentalform auch das Öffentlich, was sich hinter vorgezogenen Vorhängen abspielt.
 
 
Rüsselsheimer Echo:
 
Gelungene Vorstellung - Neue Technik gekonnt eingesetzt - ganz neue Perspektiven - Freiheit und Unfreiheit, Romantik und Alltäglichkeit, diese Gegensätze sind in der Inszenierung herausgearbeitet worden - das Auge kann verweilen, kann aber auch umherschweifen, denn es gibt viel zu sehen. Eine sehr sinnliche Inszenierung.
 
 
Hiltraut Böhm, für die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
 
Man kann Theater machen und Theater spielen. Jürgen Schirrmacher spielt. Die Darsteller sind dieses Mal vom Fach: Thomas Paulus, Amie Kölmel, Stefan Kurz. Mit "Leonce & Lena" hat Schirrmacher dieses Jahr ein Meisterexperiment geliefert.
 


 
Fotogalerie